Führung in Zeiten der Klimakrise
Unternehmensmodelle, die regenerieren und erhalten, anstatt zu zerstören; zirkuläre Produktion anstatt Wegwerfgesellschaft; Wirtschaftspraktiken, die weder Mensch noch Umwelt ausbeuten – so könnte unsere Zukunft aussehen. Der Weg dahin ist eigentlich gar nicht so weit, wie es auf den ersten Blick scheinen mag, denn viele Lösungsansätze gibt es schon. Doch vieles muss grundlegend hinterfragt und neu gedacht werden: Welchen Mehrwert stiftet mein Unternehmen? Welche Verantwortung habe ich – gegenüber der Gesellschaft, meinen Mitarbeitenden, der Natur? Wie langfristig denken wir wirklich, wenn es um strategische Neuausrichtig geht? Mit welchem Geschäftsmodell gibt es uns in zehn, zwanzig oder fünfzig Jahren noch? Um diesem tiefen und dringenden Veränderungsbedarf gerecht zu werden, braucht es angemessene Führungsansätze.
Wir wollen genauer beleuchten, was Führungsverantwortung im Kontext der Nachhaltigkeitstransformation bedeutet und welche Führungsansätze uns dabei helfen können, die Klimakrise zu bewältigen.
VUKA + D
Dass die Welt schnelllebig, unübersichtlich und komplex ist, ist keine Neuigkeit. Nicht umsonst ist „VUKA“ als eingängiges Kürzel so weit verbreitet: vier Buchstaben, die genau das Gegenteil von dem sind, was sie beschreiben. Sie suggerieren uns Übersicht und Kontrolle in einer Welt, die vom Gegenteil geprägt ist. Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, und Ambiguität – im Laufe der Geschichte gab es sicher viele Generationen, die ihre Zeit mit diesen Worten beschreiben würden. Doch spätestens mit dem Fortschreiten der Globalisierung und der weltweiten Vernetzung in Echtzeit durch das Internet, hat „VUKA“ eine neue Intensität erreicht.
Als wäre eine von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität geprägte Welt für Führungskräfte und Entscheider:innen nicht schon herausfordernd genug, bringt die Klimakrise noch eine weitere Eigenschaft: Dringlichkeit. Es ist noch nicht zu spät, die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise abzuwenden! Auch wenn eine ökologische Hiobsbotschaft die nächste zu jagen scheint, haben wir noch ein – zugegebenermaßen schnell schrumpfendes – Zeitfenster für eine Kursänderung. Vor diesem Hintergrund kommt Führung für nachhaltige Entwicklung eine besonders wichtige Rolle zu. Sie muss den Herausforderungen einer VUKA-Welt gerecht werden, aber die Dringlichkeit verstärkt den Handlungsdruck auf Führungskräfte, und Abwarten kann in Bezug auf die Nachhaltigkeitstransformation keine Strategie sein.
Von VUKA zu KIDA
Bereits seit Jahren kennen wir gute Konzepte und Modelle für moderne Führung, um den Anforderungen der VUKA-Welt gerecht zu werden. Es wird von „systemischer Führung“ gesprochen, von „regenerativer Führung“, von „dienender“ oder transformativer“ Führung oder auch von „kollektiver Führung“. Doch erst in der allerjüngsten Vergangenheit rückt ihr Potential für nachhaltige Entwicklung stärker in den Vordergrund. Verschiedene Ansätze moderner Führung bieten durchaus Antworten im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung. Sie können sowohl Individuen als auch Teams dabei unterstützen, dauerhafte Strategien zur Bewältigung der Nachhaltigkeitstransformation zu entwickeln. Auch wenn sie sich in Wortwahl und Schwerpunktlegung unterscheiden, zeichnen sich einige Gemeinsamkeiten ab, die wir mit dem Akronym KIDA zusammenfassen:
Kollektivität
Führung für nachhaltige Entwicklung hat keinen Platz für Heldentum oder Einzelkämpfer:innen. Althergebrachte Vorstellungen einer starken (meist weißen und männlichen) Führungskraft, die alle Entscheidungen alleine trifft und immer weiß, was zu tun ist, haben ausgedient. Viele Entscheidungen heutzutage sind zu komplex und weitreichend, als dass eine Einzelperson sie immer mit allen Details und Implikationen überblicken kann. Doch das kann blinde Flecken verursachen, die das Unternehmen gefährden. Führung für nachhaltige Entwicklung bedeutet geteilte, aber gemeinsame Verantwortung.
Inklusivität
Die Klimakrise polarisiert. Doch weder sie noch die mit ihr einhergehenden Zielkonflikte und Meinungsverschiedenheiten, werden wieder verschwinden. Vor diesem Hintergrund ist es für Menschen mit Führungsverantwortung besonders wichtig, unterschiedliche Perspektiven ins Boot zu holen und trotz gegensätzlicher Sichtweisen Gemeinsamkeiten zu identifizieren. Für Klimagerechtigkeit und soziale Nachhaltigkeit spielen die Positionen marginalisierter oder besonders betroffener Gruppen eine zentrale Rolle. Entscheidungsfindungsprozesse brauchen den „buy-in“ aller Stakeholder und müssen partizipativ und transparent ablaufen. Führung für nachhaltige Entwicklung geht nur gemeinsam.
Diversität
Mit Inklusivität eng verbunden ist Diversität. In einer komplexen Welt gibt es keinen „one size fits all“ Ansatz. Wenn alle gleich denken, sind wir blind für innovative Lösungen und kreative Kompromisse, die wir für die Nachhaltigkeitstransformation benötigen. Unternehmen brauchen Menschen mit unterschiedlichen Führungsstilen auch, da an verschiedenen Stellen der Organisation unterschiedliche Herangehensweisen und Kompetenzen gefragt sind. Mitarbeitende im Vertrieb wünschen sich andere Führungsqualitäten als die Kolleg:innen der Produktion und deren Vorstellungen guter Führung unterscheiden sich wiederum von denen des PR-Teams oder der Entwicklungsabteilung.
Adaptivität
Das Thema „Anpassung“ bekommt im Zusammenhang mit der Klimakrise natürlich noch mal eine ganz neue Dimension, da es um nichts weniger geht als die Anpassung der Menschheit an völlig neue klimatische Bedingungen. Aber auch angesichts der bisher beschriebenen VUKA + D Eigenschaften ist Adaptivität eine wichtige Fähigkeit, insbesondere von Menschen in Führungspositionen. Wenn Situationen von Unsicherheit und Komplexität geprägt sind, es keine eindeutig richtigen oder falschen Handlungsoptionen gibt und gleichzeitig aber die Zeit drängt, überhaupt zu handeln, dann ist häufig ein „trial-and-error“ Prinzip die beste Vorgehensweise. Ausprobieren – immer in dem Bewusstsein, dass man sich womöglich irrt und sich nicht scheuen, im Sinne kollektiver, inklusiver, und diverser Führung bessere Lösungen zu entwickeln.
Kollektivität, Inklusivität, Diversität und Adaptivität… was Führungskräfte brauchen um diese „großen“ Worte in die Praxis umzusetzen und was Unternehmen tun können, um diese Merkmale zu fördern, das betrachten wir im Teil 2 dieser Reihe.
Hier bei Heldenrat beschäftigen wir uns schon länger mit den Fragen „Was ist Führung für nachhaltige Entwicklung?“ und „Wie geht Führung für nachhaltige Entwicklung?“ Wenn Ihr mit uns gemeinsam über diese und weitere Fragen plaudern wollt, kommt zu unserem nächsten Coffee & Talk. Und wenn Ihr dann immer noch nicht genug habt, oder lieber gleich in den „deep dive“ geht, dann ist unser Training „Leadership for Sustainability: was nachhaltige Führung bedeutet“ genau das Richtige für Euch.